05 Juni 2017

DDR: Begegnung im Dresdener Café

Begegnung in Dresdner Cafe
Die russische Journalistin berichtet für ihre Leser weiter aus Dresden. 

Mit Marianne, die als Kellnerin in einem Café in Dresden arbeitet, gerieten wir zuerst in Zwist. Dann wurden wir Freundinnen.

Diese müde aussehende Frau um 50 schmiss den Teller mit dem prächtigen Schweinskotelett auf meinen Tisch so wuchtig, dass das Fett über den Tellerrand auf die Tischdecke schwappte. Ich schimpfte auf Englisch, dann aber auch auf Russisch.

Darauf leuchtete das Gesicht der Kellnerin unerwartet auf.
- Sind Sie Russin? Entschuldigen Sie! - sagte sie plötzlich auf Russisch mit starkem Akzent.
- Früher war ich Russisch-Lehrerin, und nun bin ich halt hier.

Wir verabredeten uns am Abend auf einen Kaffee.
In einigen Stunden sah sie ganz anders aus: in einem eleganten Kleid, schön geschminkt und viel junger aussehend.
- Das macht tierisch Spaß, nach so vielen Jahren mal wieder Russisch zu plaudern, - sagte Marianne.
Sie rauchte Kette und erzählte ihre Geschichte, die eigentlich tausend DDR-Frauen erzählen könnten.
- Als Wessis kamen, wurde ich aus der Schule sofort rausgeschmissen, war ich doch Parteimitglied und dazu noch Russisch-Lehrerin. Für sie waren wir alle Stasi. Heute erzählt man im Westen viele Gruselgeschichten über Stasi. Als ob CIA anders funktioniert... Aber es ist wohl doch etwas dran an diesen Geschichten, denn unsere Staatssicherheitsorgane konnten ja die DDR schließlich nicht schützen.

Mein Mann wurde auch entlassen, er war Bergarbeiter in Hoyerswerda. Das konnte er nicht ertragen und wurde Alkoholiker. Vielen ist es so ergangen. Für Deutsche bedeutet die Arbeit alles. Wie ließen uns scheiden, und irgendwann zog er gen Westen.

Also blieb ich allein mit meiner kleinen Tochter. Meine Eltern wurden damals auch zwangspensioniert, und damit hatten wir ausnahmsweise etwas Glück im Unglück: die Eltern konnten auf das Kind aufpassen, und ich suchte Arbeit. Aber ich war ja als Kommunistin politisch unzuverlässig. Also konnte ich selbst mit dem Uni-Abschluss nur mit einer Putzfrau-Stelle rechnen.

Schließlich konnte ich eine Stelle im Café finden. Übrigens, das mit dem Teller tut mir wirklich leid.
Manchmal bin ich mit meinen Nerven echt am Ende, das Leben scheint aussichtslos. Die Tochter wurde erwachsen und zog ebenfalls nach Westen. Sie arbeitet als Krankenschwester.
Wir sehen uns kaum noch. Also bin ich wohl auf die Einsamkeit angewiesen.

Ich hasse die Leute, die die Mauer zerstörten. Sie waren einfach nur dumm... Warum ziehe ich nicht westwärts? Hab gar keinen Bock. Die da drüben haben ja den ganzen terroristischen Abschaum eingeladen. Millionen Schmarotzer, wo es in Deutschland auch ohne Migranten genug Arbeitslose gibt. Ich bleibe lieber hier, denn hier ist das echte Deutschland. Die Menschen sind hier noch Patrioten. Sie haben bestimmt bemerkt: hier gibt's deutsche Fahnen auf allen Häusern. So was sehen Sie im Westen nicht, das kann ja Gefühle der Migranten verletzen...

Jeden Montag bin ich bei den Pegida-Versammlungen dabei. Die sind gegen die Islamisierung Europas. Schauen Sie mal vorbei, dort finden Sie echte Deutsche!

Quelle
DDR: Begegnung im Dresdener Café Rating: 4.5 Diposkan Oleh: Admin

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